: weil der investitionsbedarf dort offensichtlich ist? fricke: genau. eine längst nicht mehr zeitgemäße telefonanlage ist für jeden sichtbar. : das klingt nach einem breiten konsens. fricke: den haben wir leider nicht über- all. teilweise ist der beschaffungsstau frappierend. noch mal zum militär: das volumen der beschaffung von militä- rischem gerät war 2017 trotz deutlich gewachsenen haushalts kaum höher als das von 2009 (10,6 mrd. euro vs. 10,3 mrd. euro, d. red.). : sie sprachen von einem abstrusen beschaffungsverfahren. was meinen sie konkret? fricke: das beschaffungswesen wurde so sehr verrechtlicht, dass die verfah- ren von allen seiten komplexer und deshalb auch juristisch angreifbarer werden. das führt dazu, dass es immer länger dauert, bis entscheidungen ge- troffen werden. die grundidee, dass es zum beispiel bei ausschreibungen fair zugehen soll, hat dazu geführt, dass es noch schwieriger wird. : ist das aus ihrer sicht eine neue entwicklung? fricke: nein. ich glaube, diese tendenz gibt es schon lange. als jurist weiß ich, dass sich solche systeme fast ein wenig verselbstständigen. du stellst eine regel auf, und das führt dazu, dass man sie verfeinert, auf ausnahmen abklopft und so weiter. irgendwann bis du vom grundgedanken weit weg. : welchen stellenwert hat ihrer meinung nach die beschaffung im bundeshaushalt? fricke: auf den ersten blick ist der stel- lenwert eher klein. andererseits sehe ich das thema it, bei dem wir ebenfalls enorm aufholen müssen. das problem bei der beschaffung ist oft, dass ein projekt politisch verkauft, die umset- zung aber nicht mehr groß verfolgt aktuell wird. ich wäre dafür, dass derjenige, der eine beschaffungssache politisch verkauft, bei einem scheitern auch re- chenschaft ablegen muss. : was wird sich ihrer erwartung nach in den nächsten dreieinhalb jahren in puncto beschaffung verändern? fricke: ich hatte große hoffnung in frau suder gesetzt ... klartext im abgeordnetenhaus des bundestages: otto fricke (r.) im gespräch mit hellmut blumenthal von supply : … katrin suder, bis vor kurzem staatssekretärin im verteidigungsministerium. fricke: ja. sie hat die beschaffung dort sehr gut gemacht und auch stärker strukturiert. möglicherweise hat man da gegenüber dem sehr komplexen ap- parat aufgegeben. ich hoffe, dass man dort mal über den eigenen schatten springt und die sache pragmatischer angeht. ich befürchte aber, es wird noch komplexer, weil jeder angst vor haftungsübernahmen hat. die einzel- nen instanzen brauchen viel zu lange, bis sie ihr okay geben. : haben sie eine idee, wie man die beschaffungsverfahren beschleuni- gen könnte? fricke: ja. ich nenne gerne das beispiel niederlande. wenn dort innerhalb ei- ner bestimmten frist keine begründete ablehnung durch die einzelnen stellen kommt, gilt das verfahren als geneh- migt. so sind die instanzen viel mehr in einer bringschuld. : ein zunehmend wichtiger aspekt bei der beschaffung ist das thema nachhaltigkeit. wie ist ihre haltung dazu? fricke: auch nachhaltigkeit muss sich am ende rechnen. ein haushälter, der dabei nur an ökologische faktoren denkt, ist für mich fehl am platz. es hat auch viel mit technischen fragen, ethi- schen erwägungen und personalpoli- tik zu tun. wenn nachhaltigkeit heißt, dass es zunächst höhere anschaffungs- kosten gibt, das ganze aber weniger ressourcen verbraucht und zu niedri- geren verbrauchskosten führt, dann haben sie mich immer im boot. wenn aber zum beispiel ein computer zehn jahre lang benutzt wird, obwohl er nach vier jahren veraltet ist, dann halte ich das für falsch. : das heißt, ökologische und ökonomische nachhaltigkeit sind kaum miteinander vereinbar? fricke: doch, durchaus. ich sage sogar: da, wo ich ökologie und ökonomie vereinbaren kann, muss ich es tun. aber da, wo sie sich widersprechen, kann es, um beim bild mit dem alten computer zu bleiben, nicht sein, dass die verwal- tung aufgrund von ökologischer nach- haltigkeit schlechter arbeitet. : herr fricke, vielen dank für dieses gespräch. vita otto fricke (52) zog 2002 erstmals in den deutschen bundestag ein. von 2005 bis 2009 war der gebürtige krefelder vorsitzender des haushaltsausschusses, von 2009 bis 2013 einer von vier parlamentarischen geschäfts- führern der fdp-bundestags- fraktion. seit januar 2018 ist fricke zurück im ausschuss. april 2018 15